Fremdsprachen

Sprache ist die wichtigste Brücke von Mensch zu Mensch und vom Menschen zur Welt. Zentrales Anliegen eines jeden Fremdsprachen-unterrichts ist das interkulturelle Lernen – heute erscheint es uns nötiger denn je zuvor.

Zu den Besonderheiten der Waldorfpädagogik gehört der frühe Beginn des Fremdsprachenunterrichts. Schon ab der ersten Klasse lernen die Kinder Englisch und Französisch.

Wie auch beim Erwerb der Muttersprache stehen in den ersten drei Jahren das Erleben und Nachahmen im Mittelpunkt. Über freudiges Mittun „tauchen“ die Schüler(innen) spielerisch in eine neue Sprachwelt und Kultur ein.

In der 4. Klasse wird mit dem Lesen und Schreiben begonnen.

Das mündlich Gelernte wird nun aufgeschrieben und lesend wiedererkannt und der Sprachklang mit dem Schriftbild verbunden. Die Schüler gestalten dazu ihre eigene Texthefte. Auch der Wortschatz wird nun schriftlich festgehalten und erweitert.

Von der 5. bis zur 8. Klasse werden die Grundlagen der Grammatik schrittweise erarbeitet und systematisch bewusst gemacht. Altersgemäße Lektüre bietet den Schülern die Möglichkeit, sich fragend den Inhalten des Gelesenen zu nähern, den Grundwortschatz weiter zu vertiefen und Einblicke in die Landeskunde zu bekommen.

In der 9. Klasse, beim Eintritt in die Oberstufe, steht eine Wiederholung der Grammatik an. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Lektüre von Biographien bedeutender Persönlichkeiten, die den Schülern dieser Altersstufe die Möglichkeit bietet, sich mit anderer Schicksalen auseinanderzusetzen.

Bis zum Ende der 12. Klasse werden die bisher angelegten Grundlagen noch erweitert und vertieft, Landeskunde, Literaturgeschichte und Sprachentwicklung rücken in den Vordergrund ,wobei die Eigeninitiative der Schüler von großer Bedeutung ist.

Toc, Toc, Toc, Monsieur Pouce.
Es – tu lá?
Hop! – Je sors.

So munter wie Monsieur Pouce in diesem kleinen französischen Fingerspiel aus seinem Versteck hervorgesprungen kommt, so munter bewegen sich die Schüler(innen) der unteren Klassen im Fremdsprachenunterricht.

Und damit wird auch schon deutlich: Im Mittelpunkt steht der lebendige Sprachgebrauch. In Versen, kleinen Gedichten, Liedern, Reigen, Fingerspielen und Dialogen begegnen die Kinder dem Französischen. Bei allem steht das rhythmisch-musikalische Element im Vordergrund. Nicht intellektuell – kognitiv, sondern über die Nachahmung und das Gemüt werden die Kinder angesprochen. Sie lernen die Sprache in langsam sich weitenden Sinnzusammenhängen. Sprachanlässe sind u. a. das Leben im Klassenraum, die Körperteile, Jahreszeiten und –feste, Tiere und Pflanzen, Farben …. Der Lehrer, die Kinder, die Gesten und Bewegungen – alles wird zum „Merk-Mal“ für die neue Sprache.

Spielend singend, tanzend, zuhörend, rezitierend —- tauchen die Schüler in die neue Sprachwelt ein und bewegen sich immer sicherer und gewandter in ihr.

Kommen Kinder schon als Sechs- / Siebenjährige mit einer fremden Sprache in Berührung, so ist es möglich den Unterricht breit anzulegen und den Schülern die Zeit zu lassen für die Entwicklung ihrer Fähigkeiten.

Es geht nicht um „Über – Setzung“ einer Sprache in eine andere, sondern um das Erleben und das Sich-Einleben in einen neuen Sprachzusammen-hang. Dies bildet später das Fundament für das gedankliche Durchdringen sprachlicher Strukturen in der Mittel- und Oberstufe.

Einer neuen Sprachwelt zu begegnen, heißt auch neuen Bildern, neuen Gefühlsnuancen, neuem Denken zu begegnen – und damit Interesse für neue Kulturen zu wecken. Ist das nicht eine Voraussetzung für menschliche Begegnung überhaupt?

Margarete Knees