Mittelstufe

Lernen in der Mittelstufe

Sind die Kinder der für sie recht harmonischen Zeit der fünften Klasse entwachsen, treten sie in eine neue, spannende Lebensphase ein. Lehrer und Eltern werden nun zunehmend kritisch betrachtet und ihre Autorität nicht selten in Frage gestellt. Oft beherrschen leidenschaftliche Zustimmung oder Ablehnung die Emotionen, und bewährte Ordnungsprinzipien scheinen in der Vorpubertät und Pubertät abrupt verloren zu gehen. Ruhe, Gelassenheit, inneres Verständnis für ihre schwierige Umbruchsituation und immer wieder Humor – sie sollten junge Menschen zwischen dem 12. und 14. Lebensjahr entgegengebracht werden. Manche Schwierigkeiten lassen sich mildern, wenn die Erwachsenen sich als authentische Persönlichkeiten zeigen und den Jugendlichen mit offenem Interesse begegnen.

In dem sich entwickelnden Spannungsfeld zwischen den reifenden intellektuellen Fähigkeiten und den manchmal chaotischen Emotionen entsteht eine Sehnsucht, die Welt in ihren Zusammenhängen zu verstehen. Die Aufgabe des Lehrers besteht darin, die neu erwachten Denkkräfte zu schulen. Der Schüler soll ermutigt werden, zu einem selbständigen Urteilsvermögen zu gelangen. Diesen Prozess unterstützen besonders gut unter anderem die naturwissenschaftlichen Epochen, die ab der 6. Klasse gegeben werden. Hier werden die Kinder z.B. an Phänomene der Chemie herangeführt. Das genaue Beobachten steht im Mittelpunkt: Was kann man bei der Verbrennung verschiedener Stoffe erleben? Welche Rolle spielt die Luft bei diesem Prozess? Welche Schlussfolgerungen kann man ziehen? Welche Erkenntnisse gibt es? Im Entdecken von Naturgesetzen erschließen sich Strukturen, die in Zeiten des inneren Chaos’ Sicherheit geben.

Auch Projektarbeiten sind wichtige Bausteine für das selbständige Lernen und der Entwicklung selbstbewussten Auftretens. Bei der sogenannten Halbjahresarbeit können und sollen die Schüler sich mehrere Wochen mit einem Thema beschäftigen, wobei nicht nur das Beschaffen von geeignetem Material gefragt ist, sondern auch der sachgemäße Umgang mit den Medien, die Planung und Einhaltung eines Zeitrahmens und schließlich die Präsentation der eigenen Arbeit mit einem abschließenden, frei gehaltenen Vortrag.

Weitere gemeinsame Aufgaben und Projekte, wie Klassenfahrten und Theaterspielen (8.-Klass-Spiel), stärken den sozialen Zusammenhalt und klären die Rollen, die der Einzelne in der Gemeinschaft spielt. Jeder Einzelne wird angeregt, Verantwortung zu übernehmen und Pflichten verlässlich zu erfüllen. Nur wenn alle bei einem Segeltörn „am gleichen Strang“ ziehen, kann ein gestecktes Ziel erreicht werden. Wenn „im selben Boot“ die üblichen Ablenkungen wegfallen, wenn Wind und Wetter den Kurs bestimmen, kann Gemeinschaft neu erlebt werden. Beim Setzen der Segel muss man sich auf sein Team verlassen können. Der Steuermann muss sein Handwerk verstehen und die Untiefen und den Kurs kennen. In der Kombüse muss auch bei rauesten Bedingungen für das leibliche Wohl gesorgt werden, wenn es zu keiner Meuterei kommen soll.

Ähnlich verhält es sich bei den Klassenspielen. Von der Wahl eines für die Klasse passenden Theaterstücks über die gerechte Verteilung der Rollen, dem gemeinsamen Proben bis hin zu hoffentlich erfolgreichen Aufführungen liegt eine faszinierende, aufwühlende, beschwerliche, beglückende, aber auf jeden Fall lohnende Reise. Die jungen Menschen schöpfen Vertrauen in sich selbst und in die Gemeinschaft.

Mit diesen „Zutaten“ soll der Unterricht in der Mittelstufe die jungen Menschen unterstützen und auch befähigen, die Tiefen und Untiefen, die sie in dieser Zeit erleben, zu meistern.

Peter Stark, Klassenlehrer