Geschichte

Die Geschichte des Hauses, in dem sich der Waldorfkindergartens Itzehoe befindet, hängt eng mit der Geschichte Glückstadts zusammen. Das Gebäude, bei uns als Temming-Scheune bezeichnet, war eine Schenkung der Fa. Temming an den Kindergarten. In der Geschichte der Stadt Glückstadt wird sie als Mühlenscheune bezeichnet.

Chronik der Temming-Scheune

Glückstadt wurde von dem dänischen König Christian IV 1617 gegründet und als Festung gebaut, um Hamburg Konkurrenz zu machen. Die Anlage ist nach dem Idealbild der italienischen Renaissance geplant und verwirklicht. Den Mittelpunkt bildet der sechseckige Marktplatz, von welchem radial 12 Straßen abgehen. Heute ist Glückstadt als sehenswertes Stadtdenkmal überregional bekannt.

Am Südrand der Stadt liegt der Hafen Glückstadts. Am Hafenkopf auf einem Hügel stand eine Windmühle, die bereits 1628 als „alte Windmühle“ auf einem dänischen Plan eingetragen war. Die alte Mühle war der älteste Betrieb in Glückstadt, der neben der kgl. privil. Buchdruckerei und der kgl. pivil. Stadtapotheke „in Ehren und Würden arbeitete“ wie es in alten Chroniken heißt.

Der erste Pächter der kgl. Mühle war Claus Ledie, in den nachfolgenden Jahrhunderten die Familie Thode. Die erste Mühle, eine Bockmühle, wurde 1717 bei der großen Weihnachtsflut bis auf die Grundmauern zerstört. Wiederaufgebaut wurde sie als Holländermühle. Dazu gehörten das Müllerhaus am Rethövel 1 sowie ein Müllereischuppen. Die Mühle Thode war ein Wahrzeichen Glückstadts, als solches fast mit der Kirche vergleichbar. Sie war schon von der Elbe aus zu sehen. 
Während der Belagerung Glückstadts im 30jährigen Krieg schrieb der kaiserliche Reitergeneral Pappenheim an Tilly: „Eine Windmühle ist zu Ende des Dammes gleich vor der Port (Hafen), von der die ganze Stadt gleich als von einer Zitadelle kommandiert wird.“

Als während des Februarsturmes 1825 der Rethövel (Deich) brach, fanden viele Bürger auf dem Mühlenberg Schutz. Die Mühle selbst jedoch verlor die Flügel und wurde schwer beschädigt. Letztlich blieb nur eine Ruine übrig, die dann 1939 abgebrochen wurde. 
( aus „Glückstadt im Wandel der Zeiten“)

1968 erwarb die Peter Temming AG das Grundstück am Rethövel mit dem Müllerhaus Thode und der dazugehörigen Mühlenscheune. Die Fa. Temming wuchs und wollte in den 80er Jahren die alte Mühlenscheune, die bis dahin als Papierlagen gedient hatte, abreißen, um ihren Containerstellplatz zu vergrößern.

Da das Gebäude jedoch als denkmalschützenswert eingestuft war, wurde die Erlaubnis zum Abriss nicht erteilt. Die Stadt Glückstadt überlegte, das Gebäude zu übernehmen, doch es fehlten die Gelder für eine entsprechende Renovierung.
Parallel dazu suchte in Itzehoe der „Verein zur Gründung einer Rudolf Steiner Schule in Itzehoe“ geeignete Räumlichkeiten für die Gründung einer Waldorfschule. Die Suche gestaltete sich schwierig, jedoch trafen die Verantwortlichen auf offene Ohren bei der Stadt. Es konnte schließlich ein Grundstück am Kählerhof in Erbpacht erworben werden. Auf diesem Grundstück stand das ehemalige Hofgebäude, welches rekonstruiert und erhalten werden sollte.

Nun kam die Anfrage der unteren Denkmalschutzbehörde des Kreises Steinburg an den Verein, ob er nicht die Glückstädter Scheune übernehmen und parallel zum Kählerhof renovieren wolle. Der Verein war einverstanden. Das Arbeitsamt unterstützte das Projekt mit zwei AB-Maßnahmen, bei welchen ca. 32, vorher arbeitslose, Handwerker über 24 Monate beschäftigt waren.

1987 wurde die Scheune genauestens vermessen und alle Teile bezeichnet, bevor sie abgetragen und sorgfältig hier auf dem Gelände wieder aufgebaut wurde. Auch die Eltern haben an dieser Scheune ihren Anteil. An mehreren Wochenenden hatten sie in schweißtreibender Arbeit alte Steine bei Abbruchgebäuden gesammelt, die später in der Fassade verarbeitet wurden.

Beim Abbau der Mühlenscheune wurde ein alter Mühlstein gefunden, der die Jahreszahl 1725 trug. Dieser Mühlstein wurde beim Richtfest und der Grundsteinlegung (bzw. Mühlensteinlegung) im Frühjahr 1989 im Eingangsbereich des Kindergartens in den Boden eingelassen. Heute sehen wir in seiner Mitte das Zeichen der Vereinigung der Waldorfkindergärten und die Jahreszahl 1989, das Jahr der Fertigstellung des Gebäudes.

Im Herbst 1989 waren die Bauarbeiten abgeschlossen und der Wunsch, Schule und Kindergarten nahe beieinander zu haben, ging in Erfüllung. Der im Jahr 1982 gegründete Waldorfkindergarten, der seine Räume bis dahin in der Sandkuhle 2 hatte, zog mit 2 Gruppen in die „neue Temming-Scheune“ ein.

Herzlichen Dank an Herrn Hartmann, der mir mit Informationen und Bildern behilflich war die Geschichte der „Temming-Scheune“ aufzuschreiben.

Brigitte Engelholm