An der Krise wachsen und Vorbild sein

Liebe Schulgemeinschaft,

kaum eine Woche vergeht, ohne dass aus dem Kieler Bildungsministerium nicht neue Erlasse zur Umsetzung der Corona-Vorschriften kämen. Hygienevorgaben und die vielen Anordnungen zur Anpassung des Unterrichtes an die jeweiligen Corona-Inzidenzen (Distanz-, Wechsel- oder Präsenzunterricht) zeigen das Ringen der Landesregierung im Ausgleich des Rechts auf Bildung einerseits und des Rechts auf körperliche Unversehrtheit andererseits. Bestimmt keine leichte Aufgabe!

Unsere Aufgabe besteht nun jeweils in der möglichst passgenauen Umsetzung dieser Vorgaben. Ich habe oft das Bild eines an sich maßgeschneiderten Anzuges, der eben auch dann noch gut sitzen soll, wenn sich – vielleicht corona-bedingt – die Figur verändert hat. Was können wir tun? Was müssen wir umsetzen? Wo gibt es vielleicht Spielräume? Wie kommunizieren wir unser Ringen um genau den oben beschriebenen Interessenausgleich gegenüber SchülerInnen und Eltern, so dass sich alle gut informiert und „mitgenommen“ fühlen? Werden wir der großen Verantwortung für das schulische Ganze gerecht oder verlieren wir uns im Klein – Klein widerstreitender Interessen? Wo bleiben wir mit unseren eigenen Ängsten? – Bitte: Nicht falsch verstehen. Weder wollen wir jammern, noch bedauert werden; nur einmal deutlich machen, dass wir unsere Entscheidungen nicht leichtfertig treffen, sondern oft intensiv kontrovers diskutieren und die verschiedenen Aspekte gegeneinander abwägen, bevor wir dann g e m e i n s c h a f t l i c h eine Entscheidung treffen.
Das gilt auch für die Frage, wie viele Kinder mit einer Maskenbefreiung sich unter den Gegebenheiten unserer Räume, Klassenstärken, Lüftungsmöglichkeiten usw. in einem Klassenraum aufhalten können. Unter Berücksichtigung des einzuhaltenden Mindestabstandsgebotes sind wir auf das Maximum von 4 Kindern gekommen, einheitlich für alle Klassen.

Was aber machen wir, wenn es mehr Kinder sind? Wiegt das Recht auf Teilhabe dieser Kinder stärker als eine steigende Gesundheitsgefährdung für alle, wenn wir die Abstände nicht mehr einhalten können? Wie können wir aufeinander zugehen, Frontenbildung verhindern? Können wir das überhaupt oder drohen polare Sichtweisen gemeinschaftliches Handeln zu gefährden?

Liebe Schulgemeinschaft, bitte verstehen Sie diese Zeilen als einen Apell, eine herzliche Bitte, immer auch die Interessen der anderen mit in den Blick zu nehmen, damit unsere Gemeinschaft an diesen Fragen keinen Schaden nimmt. Wir können und wollen an dieser Krise wachsen. Wir wollen so gerne unseren Schülern und Schülerinnen ein Vorbild geben in der berechtigten Übernahme gemeinsamer Verantwortung.

Vielleicht hat Rudolf Steiner auch solche herausfordernden Situationen im Blick gehabt, als er schrieb:

Nicht darauf kommt es an, daß ich etwas anderes meine als der andere, sondern darauf, daß der andere das Richtige aus Eigenem finden wird, wenn ich etwas dazu beitrage.“ — Rudolf Steiner Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? (GA 10) S. 70

Susann Hansen für das Kollegium