Das war der Tag
Nachdem am letzten Sonntagabend ein Labor das Gesundheitsamt Itzehoe über den positiven Befund auf Corona-Viren bei zwei SchülerInnen der Mittelstufe informierte, klingelte bei unserer Hygienebeauftragten, Frau Hansen, das Telefon. Sie informierte die Klassenlehrerinnen der vierten bis siebten Klasse (2. Kohorte) und mich. Von diesem Augenblick an trafen die Vertreter des Gesundheitsamtes die Entscheidungen über das weitere Vorgehen an unserer Schule.
Nach einer kurzen Lagebesprechung am Montagvormittag mit Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes wurde vereinbart, dass noch am selben Tag in der Schule von allen SchülerInnen der Klassen vier bis sieben mittels Rachenabstrich eine Speichelprobe genommen wird und dass sie sich, gerechnet ab dem letztmöglichen Kontakt, für zwei Wochen in Quarantäne begeben müssen. Die Quarantäne endet voraussichtlich am Abend des 29. Septembers und wird per Bescheid des Gesundheitsamtes aufgehoben.
Sämtliche Pädagogen, einschließlich KlassenbegleiterInnen und SchulbegleiterInnen, die zwischen dem 14. und 16. September potentiell Kontakt mit den Infizierten hatten, konnten sich ebenfalls testen lassen.
Nun galt es, binnen kürzester Zeit rund 110 Elternhäuser zu benachrichtigen. Dabei halfen die Klassenlehrerinnen der fünften und sechsten Klasse und die gesamte Verwaltung. Gleichzeitig wurden für das Gesundheitsamt Klassenlisten und Mitarbeiterlisten erstellt, die Lehrkräfte per Email informiert, ein kurzer Beitrag für die Website geschrieben und Gespräche mit der interessierten Presse und mit besorgten Eltern geführt. Im Gesundheitsamt wurden die Registrierungen für den Test vorbereitet und weiteres Personal aus anderen Behörden rekrutiert. Derweil bereiteten die Hausmeister Tische, Stühle und Elektroleitungen für die Testung am Nachmittag vor.
Nach einer kurzen Verschnaufpause traf um 15:00 Uhr das erweiterte Team des Gesundheitsamtes bei uns ein. Die ersten Probanden – alles Lehrerinnen und Lehrer – warteten bereits ungeduldig auf den Test, während sich vor dem Schultor nach und nach Schüler und Schülerinnen der vierten Klasse mit ihren Eltern einfanden.
Punkt 15:30 Uhr wurden die ersten SchülerInnen der vierten Klasse getestet. Schnell wurden die Engpässe vor der Registrierung und vor der Quarantäne-Belehrung beseitigt, indem ich mich in das Team des Gesundheitsamtes einreihte. So konnte ich selbst jeder Schülerin und jedem Schüler und der Begleitung in die Augen schauen und sehen, wie mutig unsere Kinder der neuen Herausforderung und den beiden, in weiße Schutzanzüge gekleideten Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes gegenübertraten. Gleichzeitig fanden die Kolleginnen vom Gesundheitsamt für alle Kinder aufmunternde und liebevolle Worte.
Sag mal „Ahhhh“. Und schon war die Speichelprobe genommen. Es tat nicht weh und war auch nicht unangenehm. Am Ende lachten alle.
Es war schön zu sehen, wie engagiert und feinfühlig die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes und der übrigen Itzehoer Behörden waren. Gegen 18:00 Uhr verließen sie mit ca. 150 Speichelproben und lobenden Worten für unsere Hilfsbereitschaft das Schulgelände.
Der Hausmeister klappte die Tische zusammen, stapelte die Stühle, rollte die Elektroleitung auf und schloss ab. Am Ende des Tages belohnten wir uns mit einem kühlen, alkoholfreien Weißbier auf meiner Terrasse. Es war ein aufregender und zugleich schöner Tag, an dem viele Menschen einfach nur zugepackt haben.
Nun warten wir auf die Ergebnisse vom Labor. Diese sollten Donnerstagmorgen vorliegen. Bei etwaigen positiven Befunden kontaktiert das Gesundheitsamt die Eltern bzw. die jeweilige Person. Negative Befunde werden der Schule mitgeteilt, die dann die Eltern informiert.
Da auch bei negativen Befunden die Schüler und Schülerinnen der vierten bis siebten Klasse in Quarantäne bleiben, bereiten die Klassenlehrerinnen den Unterricht auf Distanz vor.
Jürgen Beckmerhagen
Hallo Schulgemeinschaft!
Auch wir können den netten und aufmunternden Umgang mit uns als Eltern und unserem Kind bestätigen.
Aufgefallen ist aber, dass auch die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes noch nachbessern können. Offensichtlich gehen sie von einer Übertragung des Virus während der Testung aus, sollte sich Speichel während der Probenentnahme auf die Kleidung verirren und ziehen deshalb u.a. einen Ganzkörperanzug an.
Nun kam es am Nachbartisch zu einer rechtlichen Frage und die Person, die die Abstriche genommen hat, kam mit ihrem Schutzanzug und den schon benutzten Handschuhen an diesen Tisch. Dicht gedrängt beantwortete sie die Frage. Wo war da der Schutz der Eltern und Kinder, sollte sich schon ein Erreger auf der Schutzkleidung oder an den Handschuhen befunden haben?
Andererseits fassen wir uns aufgrund der zu tragenden Masken häufiger ins Gesicht oder wir begrüßen uns mit dem Ellenbogencheck. Wohin sollen wir niesen oder husten? In die Ellenbeuge! Und nun?
Das zeigt doch nur, wir sind alle nur Menschen, nicht perfekt und müssen noch lernen. Ein Hinweis auf unangebrachte Verhaltensweisen ist sinnvoll. Nur so können wir besser werden. Dies in einer angebrachten Art und Weise, auf beiden Seiten. Auf der Seite des Wahrnehmenden und auf der Seite des Empfängers.
Mein Hinweis und Wunsch an die Mitarbeiter unserer Schule ist folgender: Bitte in Zukunft besser mit dem Schutz betroffener Personen umgehen.
Die Infos in den Mails und der Bericht in der IvK ließen Rückschlüsse auf die momentan betroffenen Schüler zu.
Weder die Info über Verwandtschaftsverhältnisse oder das Geschlecht der Betroffenen sind wichtig. Einzig die Tatsache einer positiven Testung und welche Kohorte es betrifft, ist erstmal von Bedeutung.
Ebenso ist die Thematisierung auf Elternabenden, wo sich betroffene Familien aufgehalten haben und welche Auslandsreisen sie gemacht haben, nicht korrekt. Hier findet eine Beurteilung oder sogar Verurteilung statt. Es geht uns schlichtweg nichts an und die Betroffenen müssen hier auf die Verschwiegenheit der Schulmitarbeiter verlassen können. Nur so werden auch in Zukunft heikle Themen ehrlich weitergegeben. Und nebenbei: Wer sagt denn, dass die Übertragung im Ausland stattgefunden hat? Der Test sagt dies nicht aus! Es kann auch hier in Deutschland stattgefunden haben. Möglichkeiten gibt es auch hier genügend.
Was bringt uns Eltern auch diese Information? Es schürt nur die negativen Gefühle und die Betroffenen stehen ungeschützt da. Ist es nicht nur die Rechthaberei? Bringt uns dies voran oder ändern wir die momentane Situation? Sicher nicht. Diese Infos sind wichtig für die Virologen, die Daten sammeln und uns allgemeine Verhaltensweisen empfehlen, nicht für unseren Umgang miteinander. Diese Schuldsuche ist natürlich eine Art und Weise handlungsfähig zu bleiben, in einer Zeit, in der kaum Handlungsspielraum da ist. Diese Energie können wir anders nutzen.
Machen wir einen Unterschied zwischen Infektionen aufgrund eines Auslandsaufenthaltes oder einer im Land erworbenen? Gerade momentan werden doch ganz plötzlich Länder oder Regionen zu Risikogebieten ausgerufen und wenn ich dann mal die Perspektive ändere, dann kann ich ganz schnell auch jemand sein, der sich angeblich unvorsichtig verhalten hat und dann „schuldig“ ist.
Ist derjenige dann in einem höheren Grade schuldig? Gibt es überhaupt Schuldige? Welche Schuld belastet mich denn als positiv getesteter? Sind es die Maßnahmen, die ich jemanden zumute und die den Dritten nerven? Dann sollte ich mich hinterfragen, ob ich als Dritter nicht grundsätzlich etwas gegen die Maßnahmen habe und diese für sinnlos halte. Dies hat aber nichts mit der betroffene Person zu tun! Diese Diskussion muss an anderer Stelle geführt werden. Bitte reflektiert euch da alle.
Ich höre zunehmend auch aus dem Schülerkreis diese „Schuldzuweisungen“. Wie schade, sollten sie doch weiter offen mit der Thematik umgehen lernen. Wenn wir Erwachsenen diese Chance nicht ergreifen und verantwortungsvoll von Schuldzuweisungen wegtreten und die eigentlichen Beweggründe warum wir so angefasst sind, für uns bearbeiten und nicht unsere Kinder mit unseren vorgeformten Meinungen in solche Situationen oder zu solchen Äußerungen bringen.
Ich wünsche der betroffenen Familie und den betroffenen Schülern einen guten Genesungsweg und viel Kraft beim Durchhalten.
Birgit Bär