Der kleine Muck war nie allein

Der kleine Muck war nie allein. Gut, das orientalische Märchen, mit dem das Eurythmietheater Orval am Freitag Groß und Klein regelrecht verzauberte, stellt uns einen jungen Helden vor, dessen Vater gestorben, dessen Verwandtschaft sich das Erbe an sich riss und der von schulischer Bildung unbeleckt seinem Schicksal überlassen ist. Der Held überschreitet – gewollt oder ungewollt – eine Schwelle, erleidet mit jeder Prüfung zunehmenden Kontrollverlust und stellt sich am Tiefpunkt seiner Heldenreise dem alles entscheidenden Konflikt zwischen denen da oben und ihm da unten. Ein klassisches Drama, wie wir es lieben.

Helfer bekleiden allenfalls Nebenrollen, obwohl ohne sie Hopfen und Malz bzw. im Falle des kleinen Mucks Zauber-Pantoffeln, magischer Stab und das Heldenleben selbst verloren wären. Im vorliegenden Fall waren es Katzen, Hunde und zu guter Letzt zwei Feigenbäume mit ihren tückischen Früchten. Natur eben. Die Romantiker lassen grüßen.

Und immer wieder proben, proben, proben …

Allein sind allenfalls Menschen, die sich ihrer Titel, ihres „guten Namens“, ihres Reichtums oder ihrer herausgehobenen Stellung rühmen. Ihnen zur Seite stehen Speichellecker, Ja-Sager, Betrüger – kurzum, zwielichtige Gestalten, die nicht davor zurückschrecken, für einen kleinen Vorteil Mitmenschen zu denunzieren und selbst ihre Liebsten ans Messer zu liefern.

So gesehen hat sich seit Menschengedenken bis zum heutigen Tag nicht viel geändert.

Roberto Hurtado Salgado kurz vor der Abendvorstellung

Fehlt nur noch die Liebesgeschichte, die langatmigen Plots die notwendige Würze gibt. Das hatte Wilhelm Hauff mit seiner Geschichte nicht nötig. So können wir auch in unserer schnelllebigen Zeit seine nur 22 Seiten umfassende Geschichte vom kleinen Muck täglich vor oder nach dem Politik- oder Wirtschaftsteil der Tageszeitung lesen und uns über das, was ist, amüsieren.

Glücklich kann sich schätzen, wer sich in schwierigen Zeiten dem Wert von Freunden und Familie bewusst ist und auf das Gute im Menschen vertraut.

Das Ensemble bei letzten Vorbereitungen vor der Abendvorstellung

Und was die Bühnenperformance des Eurythmietheaters Orval anbelangt: es geht nicht besser! Die Texte, die Mimik, die Musik, die Choreographie, das minimalistische Bühnenbild, das Licht, die Kostüme, der Klamauk und schließlich der frenetische Applaus, das jubelnde Publikum – alles Früchte und Lohn jahrelanger harter, disziplinierter Arbeit.

Jürgen Beckmerhagen

Fotos: Jürgen Beckmerhagen