Islands in the Sun

Bericht aus dem Deutschunterricht der 10. Klasse von allen Schüler*Innen und Marianne Flämig-Müller

Was fesselt uns Menschen? Das eigene Schicksal, die eigene Zukunft? Darüber wurde in der kurzen Geschichte der Menschheit schon sehr viel nachgedacht. Das können wir auch, meinten wir. Zwei Wochen Deutschunterricht hatte die 10. Klasse vor den Sommerferien noch zur Verfügung und das Vorhaben erhielt einen Namen: „Atlantis-Epoche – Utopie und Dystopie“.

Utopie, das sind die Zukunftsentwürfe der Optimisten, von Platon bis Campanella, Erzählungen von einer schönen und lebenswerten Welt. Thomas Morus mit seiner Insel „Utopia“ ist der Namensgeber.

Dystopien, übersetzt der „üble Ort“, das sind die bösen Geschichten von einer erschreckenden, inhumanen Welt, in der die Menschen in einer repressiven, diktatorischen Gesellschaftsform ihr Dasein fristen, ihrer Freiheit beraubt, ohne Glück und ohne Hoffnung.

Beiden Spuren wollten wir folgen, denen der Optimisten, die sich für eine freie, heitere Zukunft einsetzen, und denen der Pessimisten. Den Pessimisten folgten wir mit der Lektüre des berühmten Romans „1984“ von George Orwell und natürlich schauten wir uns auch den Film an. Wir hatten aber noch ein paar andere Dystopie im Programm, „Fahrenheit 451“ von Ray Bradbury, die „Tribute von Panem“ von Suzanne Collins und die „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley, die uns Schüler vorstellten.

Für die Utopien, die schönen Nichtorte, stand Platons „Politeia“. Dieses Beispiel einer ständestaatlichen Ordnung mit Lehrstand, Wehrstand, Nährstand musste einfach ins Programm.

Doch dann hieß es: „It’s your turn!“ Die SchülerInnen sollten selbst eine Welt entwerfen, so wie sie ihnen für ein lebenswertes Leben vorschwebt. Das sollten sie entwerfen: einen perfekten Ort.

Nach einer ziemlich katastrophalen Katastrophe stechen 500 Menschen auf kleinen Booten in See, um eine neue Heimat zu finden. Sie können sich auf eine Insel retten, eine Insel, die alles hat, was man zum Leben braucht: Platz genug für die kommenden Generationen, Wasser, Wälder, Tiere aller Art, Boden, den man bepflanzen kann, vielleicht auch einen Berg mit Erzen, also ein wahres Paradies. Natürlich konnten unsere Flüchtlinge auch ein paar Sachen auf den kleinen Booten mitnehmen, doch alles in allem waren sie auf sich gestellt.

Dann ging die Klasse ans Werk: Es wurden Gruppen von jeweils 4-5 SchülerInnen gebildet und sie begannen, ihre neue Welt zu entwerfen. Verlassen konnten sie die Insel nicht mehr, also mussten sie sorgfältig mit ihrer neuen Heimat umgehen und gut nachdenken. Wie sollten sie leben? Wie sollten sie arbeiten, sich ernähren, sich unterhalten? Sollte es Eigentum, sollte es Technik geben, Fortschritt oder Beständigkeit, Gleichheit oder Ungleichheit?

Erschaffen wurden sechs kleine Länder, sechs Utopien, die die Gruppen in ihren Präsentationen vorstellten. Jede Gruppe hatte ihr Utopia gemalt und mit viel Fantasie zum Leben erweckt.

Hier ein kleiner Ausschnitt dessen, was die Einwohner von ihren „Islands in the sun“ zu berichten wussten. Die Texte stammen von den jeweiligen Arbeitsgruppen der Schüler.

Tropana ist eine wunderschöne Tropeninsel mitten im Meer. Dort leben die Menschen im Einklang und in der Harmonie mit der Natur, in Frieden. Alle sind sicher, jeder bekommt das, was er zum Leben benötigt. Jeder baut sich sein Haus, es gibt Tauschhandel und wenig Privateigentum. Keiner wird ausgebeutet. In der Politik herrscht direkte Demokratie, alle Entscheidungen werden per Volksabstimmung getroffen. Durch das tropische Klima leben auf der Insel viele einzigartige Tiere, wie zum Beispiel Papageien und leuchtende Schmetterlinge. Es wachsen dort auch viele schmackhafte Früchte.

Hier spricht ein Einwohner seiner schönen Insel: “Es fühlt sich an wie das Paradies auf Erden, die Natur ist wunderschön und alle Menschen hier sind sehr freundlich. Dies ist ein fantastischer Ort.“

Tropana

Skata ist ein Land, in dem jeder Mensch gleich viel wert ist und doch ein Individuum darstellt. Die Arbeit ist frei wählbar und gleichwertig. Es gibt eine bereichernde und akzeptierte Fehlerkultur.

Jeder hilft jedem, denn es gibt weder Wettbewerb noch Privateigentum.

Wissbegierde und individuelle Entwicklung werden gefördert. Es gibt keinen Alleinherrscher, jeder Mensch darf mitentscheiden. Es gibt eine tiefe Verbundenheit mit der Natur. Die Gesellschaft will keinen Fortschritt und das ist auch gut so. Sie entwickelt sich nicht weiter, alle sind glücklich und zufrieden mit dem was sie besitzen. Es findet kein Wettbewerb statt, denn alle Menschen sind gleich viel wert.

Dies ist das Zitat eines Skataners: „Seit ich auf Skata bin, fühle ich mich gleich viel wert wie alle anderen Menschen und ich habe das Leben sehr schätzen gelernt. Jeder Tag ist wunderbar.“

Skata

Wakanda ist ein Land auf einer Insel, in dem alle Menschen glücklich sind. Die Insel lebt von den Dingen, die die Menschen selbst herstellen und untereinander tauschen. Das bedeutet aber nicht, dass es eine strikte Arbeitsteilung gibt. Man teilt sich selbst die Arbeit ein. Es gibt kein Geld, Arbeit und Gegenstände werden getauscht. Es gibt Technik, wie die Dampfmaschine, die sie auf den Schiffen mitgebracht haben. Vieles wird aufgebaut, wie Fischerei, Handwerk, Krankenhäuser und ein System, in dem die Bildung weitergegeben wird.

Zehn Dorfälteste regieren, doch bei wichtigen Entscheidungen können alle mitbestimmen. Es zählt die eigene Entscheidung und vor allem die Wertschätzung dieser Entscheidung durch die anderen Inselbewohner. So entsteht eine Struktur, die sich größtenteils um die Ernährung und die Versorgung der Bevölkerung mit Verbrauchsartikeln und Gebäuden kümmert. Jeder macht, was er gut kann. Trotz der vielen Arbeit wird auch großer Wert auf die Bildung, die Freizeit und die Forschung gelegt.

Ein Bewohner der Insel sagt: „Ich kann mir keinen schöneren Ort auf der Welt vorstellen.“

Wakanda

Moraal ist eine Insel, die halb aus Strand und halb aus tropischem Regenwald besteht. Doch es gibt auch fruchtbaren Boden. Es herrschen Temperaturen von 38 Grad Celsius. Die Menschen leben in einer freien Demokratie und keiner wird benachteiligt. Es gibt ein Parlament mit 200 Mitgliedern, das alle vier Jahre vom ganzen Volk neu gewählt wird. Besonders wichtige Entscheidungen werden vom Volk getroffen. Der Sinn dahinter ist, dass sich keiner ungehört oder unterlegen fühlt. Es soll keine Tyrannei herrschen auf Moraal.

Auf dieser Insel gibt es viel Kunst und Kultur, beispielsweise Theater, denn die Menschen sind an Unterhaltung und Bildung interessiert.

Auf Moraal achtet man auf die Gleichheit aller Menschen, keiner hat mehr oder weniger Dinge oder Nahrung zur Verfügung. Auf unserer Insel existiert kein Geld, sondern nur Tauschhandel, jeder trägt etwas zur Wirtschaft bei, auch zur Bildung und Kunst. Um die Ernährung kümmern sich alle Menschen, sie ernten und tragen zur Verarbeitung bei, jeder bekommt gleich viel Essen, Kleidung und fürs Leben notwendige Dinge.

Dies sagt ein Einwohner: „Die Menschen auf Moraal fühlen sich gehört und verstanden.“

Moraal

Origin ist eine eher tropische Insel, sie ist gebirgig und es gibt auf ihr Bodenschätze aller Art. So gibt es auch einen See und einen Berg mit einem Bergwerk. Es ist eine Insel, auf der Arbeit gerecht aufgeteilt wird.

Es gibt drei Dörfer auf Origin und jedes Dorf hat seine speziellen Aufgaben. Die Dörfer sind zur gegenseitigen Versorgung verpflichtet. Die Insel hat ein Regelwerk oder Gesetzbuch, das von allen abgestimmt wurde.

Es gibt eine demokratische Verfassung. Die drei Dörfer wählen einen Bürgermeister und einen Stellvertreter, diese erledigen die täglichen Geschäfte und stimmen sich ab. Doch wichtig ist: Freiheit hat jeder und jede gleichviel, sie kann nicht eingeschränkt werden. Auf Origin wird viel Wert auf das Miteinander gelegt und alle haben den gleichen Wert. Niemand wird diskriminiert, egal wer er oder sie ist oder wen er oder sie liebt. Jeder, der ein Anliegen hat, wird angehört und ernstgenommen.

Hier ein Zitat eines Einwohners: „Seit ich auf Origin wohne, fühle ich mich akzeptiert und wertgeschätzt.“

Origin

Cobana ist eine schöne, kleine Insel mit gutem Wetter, es gibt einen schönen Strand und türkises Wasser. Doch es herrscht auf dieser Insel eine Diktatur, es gibt also einen Diktator, der über das Leben und die Freizeit der Menschen bestimmt. Die Bewohner haben zwar gewisse Freiheiten, aber sie müssen auch alle arbeiten und sie müssen sich fit halten. So gibt es riesige Räume, in denen die Menschen Fitness betreiben müssen und damit erzeugen sie Strom. Alle Menschen sind in dieser Fitness-Diktatur zur Stromerzeugung durch Fitness verpflichtet. Doch es gibt auch Diskotheken und Shopping-Malls, um sich zu erholen.

Die Bewohner sind sehr sicher, da es einen Sheriff gibt und auch ein Krankenhaus und ein Gefängnis. Die Menschen haben Eigentum und dürfen es auch behalten. Sie sind alle zufrieden und glücklich, obwohl sie in gewissem Sinne ausgenutzt werden.

Hier ein Zitat: „Seitdem ich in diesem Land lebe, fühle ich mich viel wohler, denn ein Leben ohne Fitness ist schlimmer als ein Leben mit Fitness.“

Cobana